Beim Erstellen eines Gutachtens über Photovoltaikanlagen sind zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen, um eine fundierte und rechtlich belastbare Bewertung zu gewährleisten. Folgende Punkte sollten dabei beachtet werden:
01.
Ziel und Zweck des Gutachtens
- Definition des Gutachtenziels: Klärung, warum das Gutachten erstellt wird (z. B. Schadensbewertung, Leistungsminderung, Kaufberatung, Garantieanspruch, Versicherungsschaden, Gerichtsgutachten).
- Adressat: Für wen wird das Gutachten erstellt (z. B. Betreiber, Investoren, Gerichte, Versicherungen)?
- Rechtsrahmen: Berücksichtigung gesetzlicher und normativer Anforderungen (z. B. DIN-Normen, VDE-Vorschriften).
02.
Grundlagenermittlung
Unterlagenprüfung:
- Baupläne, Schaltpläne und technische Dokumentationen der Anlage.
- Verträge, Garantiebedingungen, Wartungsprotokolle.
- Genehmigungen und behördliche Auflagen.
Vor-Ort-Besichtigung:
- Zustand der Anlage (Module, Wechselrichter, Kabel, Unterkonstruktion).
- Standortbedingungen (Ausrichtung, Verschattung, Umgebungsfaktoren).
- Sicherheitsprüfungen (elektrische Sicherheit, Brandschutz).
03.
Technische Bewertung
Photovoltaikmodule
- Optische Kontrolle: Schäden wie Glasbrüche, Delamination, Hotspots, Verschmutzungen.
- Leistungsmessung: Vergleich der tatsächlichen Leistung mit den Herstellerspezifikationen (z. B. unter Standard-Test-Bedingungen, STC).
- Elektrolumineszenz (EL): Aufdecken von Mikrorissen oder Zellschäden.
- Thermografie: Feststellen von Hotspots und defekten Zellen.
Wechselrichter und Elektrik
- Funktionsprüfung: Effizienz der Wechselrichter, Überprüfung auf Fehler oder Störungen.
- Kabel- und Anschlussprüfung: Überprüfung von Isolationswiderständen, Leitungsverlusten, Erdung und Potentialausgleich.
- DC/AC-Fehleranalyse: Mögliche Leckströme oder Leistungseinbußen.
Unterkonstruktion und Mechanik
- Statikprüfung: Stabilität der Konstruktion, Materialermüdung, Korrosion.
- Montagequalität: Einhaltung der Herstellerangaben und Normen bei der Befestigung.
04.
Umwelt- und Standortbedingungen
- Verschattung: Einfluss von Gebäuden, Bäumen oder anderen Objekten.
- Verschmutzung: Staub, Pollen, Vogelkot oder andere Verunreinigungen.
- Wetterbedingungen: Extremwetter, wie Hagel oder Sturm, und ihre Auswirkungen auf die Anlage.
- Potentielle Störungen: Tierbefall (z. B. Nager) oder Vandalismus.
05.
Ertrag und Wirtschaftlichkeit
- Ertragsanalyse: Vergleich der tatsächlichen Stromproduktion mit prognostizierten Werten.
- Einflussfaktoren wie Alter der Anlage, Standort und Wartungszustand.
- Degradation: Bewertung des Leistungsverlusts über die Zeit.
- Wirtschaftlichkeitsprüfung: Berechnung von ROI, Amortisationszeit und potenziellen Einbußen.
06.
Normen und Richtlinien
Technische Normen:
- DIN EN 62446 (Anforderungen an PV-Anlagen).
- VDE 0126-23 (Wiederkehrende Prüfungen).
- VDE-AR-N 4105 (Netzanschluss von Erzeugungsanlagen).
Arbeitsschutz:
- Berücksichtigung von Sicherheitsvorschriften bei der Besichtigung.
- Dokumentation von Unfallrisiken.
Umweltauflagen:
- Einhaltung von Umweltstandards bei Freiflächenanlagen.
07.
Dokumentation und Bericht
Übersichtliche Struktur:
- Deckblatt mit Gutachtenzweck, Auftraggeber und Gutachter.
- Inhaltsverzeichnis und klar gegliederte Kapitel.
Beweissicherung:
- Fotos, Thermografie-Bilder, Messergebnisse.
- Zusammenstellung von Prüfprotokollen.
Bewertung:
- Detaillierte Analyse und nachvollziehbare Begründung der Ergebnisse.
- Handlungsempfehlungen, z. B. Reparatur- oder Wartungsmaßnahmen.
Rechtskonformität:
- Hinweis auf Haftungsausschluss und rechtliche Rahmenbedingungen.
Ein gut erstelltes Gutachten kombiniert technische Präzision, wirtschaftliche Analyse und rechtliche Sicherheit, um eine umfassende Bewertung der Photovoltaikanlage zu liefern.